Wer sind „die Politiker“?

"Die Politiker"

Wer sind „die Politiker“?

Wenn ich mich in den sozialen Medien bewege oder Kommentare unter Medienbeiträgen lese, fällt mir eines immer wieder auf: die Formulierung „die Politiker“. Meist im negativen Kontext. „Die Politiker“ tun eh, was sie wollen, „die Politiker“ erhöhen sich ihre Diäten, „die Politiker“ arbeiten nicht, „die Politiker“ reden nur, „die Politiker“ haben keine Ahnung, „die Politiker“ sind Hochstapler oder Marionetten von Großkonzernen…Habe ich noch etwas vergessen?

Aber selbst in Gesprächen, die etwas weniger polemisch verlaufen, zeigt sich, dass gerne pauschal von „den Politikern“ die Rede ist. Als wären sie eine eigene Gattung mit ganz bestimmten Merkmalen und Verhaltensweisen. Und als wären sie alle gleich, „die Politiker“…

Ich bin eine von ihnen. Ich bin Politikerin. Und so habe ich ausreichend Gelegenheit, diese vermeintliche Gattung zu analysieren. Gut, ich bin keine neutrale Beobachterin, denn ich gehöre ja dazu. Aber nur weil ich dazu gehöre, werde ich ja nicht automatisch zu einer bestimmten Sorte Mensch. Quasi nur weil ich von Beruf Bundestagsabgeordnete bin. Meine Arbeit als Abgeordnete ist ein sehr wichtiger Teil meines Lebens, der durch mein Engagement für Pflege- und Altenpolitik geprägt ist. Ich bin davon überzeugt, dass es gut ist, für die grünen Positionen zu kämpfen. Ich bin dadurch aber kein anderer Mensch geworden. Und gerade der Mensch ist in diesem Beruf entscheidend: Die eigene Persönlichkeit, die eigene Biographie bestimmt maßgeblich, wie man sein Amt ausfüllt. Wie man sich vernetzt, mit wem man spricht und zusammenarbeitet, wie man sich informiert. Ob man auf Demos geht, vor Ort ist bei den Menschen oder ob man im Büro Akten wälzt. Ob man Privilegien als selbstverständlich hinnimmt und gar nicht merkt, dass man ein gewähltes Mandat auf Zeit hat. Oder man bodenständig bleibt. Verwurzelt und geerdet. Wenn man genau hinschaut, gibt es unter Politikern sehr viele unterschiedliche, besondere Charaktere.

Oft haben Menschen, wenn sie über „die Politiker“ sprechen ein schwammiges Bild von einer undefinierten Menschenmasse. Einer Menschenmasse, die emotions- oder auch skrupellos über sie entscheidet. Ich glaube, dass sich viele einfach hilflos und ohnmächtig fühlen. Wie oft höre ich „Ich gehe nicht zur Wahl – was nützt denn meine eine Stimme…“. Das sehe ich ganz anders: Es gibt viele Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, gerade auch in der Kommunalpolitik. Dabei hat jeder die Möglichkeit, sich zu engagieren, sei es in einer Partei oder einer anderen Interessenvereinigung. Und bei allem gefühlten Überdruss: wir Politikerinnen und Politiker sind genau die Menschen, die von allen gewählt wurden. Wir haben uns demokratischen Wahlen gestellt. Ich fände es wunderbar, wenn wir diese Demokratie auch mit Leben füllen. Jeder hat die Freiheit, die eigenen Abgeordneten vor Ort anzuschreiben. Es gibt dabei weder Zensur noch Themenbeschränkung. Geben Sie „der Politik“ die Chance, die eigene Persönlichkeit zu zeigen. Schauen Sie sich genau an, wer für Sie zuständig ist, fragen Sie, schildern Sie Ihre Wünsche. Machen Sie deutlich, was sich politisch verändern sollte. Engagieren Sie sich für Ihr Herzensthema! Politiker sind oft Menschen, die etwas bewegen wollen – genau wie viele von Ihnen, die das gerade lesen. Ich verstehe Politik nicht als „Ihr da oben und wir hier unten!“ – für mich geht es nur miteinander und mit reger Diskussion.

Ich freu mich genau auf diesen Austausch.

Ihre

Elisabeth Scharfenberg

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