Von Pflegerobotern und Pflegerobben

Pflegerobbe

Von Pflegerobotern und Pflegerobben

Japan ist ein Land voller Gegensätze. Es ist das Land der aufgehenden Sonne und auch das Land der Hundertjährigen. Der demografische Wandel ist dort noch sichtbarer als bei uns. Die Frage der Pflege ist noch drängender als bei uns. Beantwortet wird diese Frage in Japan oft anders. Der Wohnraum ist knapp. Familien leben gerade in den Großstädten wie Tokyo sehr beengt. Da ist an Pflege zu Hause kaum zu denken.

Pflegekräfte sind noch rarer als bei uns. Das Wort „Pflegeroboter“ geht in Japan sehr leicht über die Lippen. Uns alarmiert dieses Wort. Wir sehen vor unserem geistigen Auge menschengroße Roboter, die Pflegebedürftige am Bett füttern und versorgen. Für uns eine Horrorvision. Nicht so in Japan. Dort werden Pflegeroboter absolut positiv gesehen. Gemeint sind in Japan aber nicht unbedingt solche „Cyber-Menschen“. Gemeint ist nicht der Ersatz von menschlicher Pflege durch einen Roboter.

 

Eine Pflegerobbe ist kein Pflegeersatz

 

Gemeint ist moderne technische Unterstützung FÜR die Pflegekräfte. Sei es beim Heben, beim Dokumentieren oder auch bei Beschäftigungen wie Singen oder Vorlesen. Ganz selbstverständlich liegt da in jedem Pflegeheim eine Roboter-Robbe auf dem Tisch, die sich regelmäßig bemerkbar macht und versorgt werden möchte. Sie quiekt, sie wackelt mit den Flossen, sie klimpert mit den Augen. Ein Kinderspielzeug für Erwachsene? Für uns erst mal irgendwie komisch. Braucht es „Roboter“, die Zuwendung und Streicheleinheiten einfordern? Wir können ein „Ja“ nicht so richtig zulassen. Wir denken, das darf doch nicht sein. Dafür sind Menschen und nicht Roboter da.

Genau so ging es mir, als ich das auf meiner Reise nach Tokyo in einem Pflegeheim erlebt habe. Ich war erst mal innerlich entrüstet. Und dann habe ich gesehen, wie die alten Menschen am Tisch beim Grunzen der Robbe hell wach wurden. Wie die Gespräche darüber anfingen, was die Robbe wohl braucht. Wie die Robbe genommen und gestreichelt wurde. Wie alle anfingen zu lächeln. Die leblose Robbe hat der Runde am Tisch Leben eingehaucht. Auch ich habe sie dann mal angefasst und gestreichelt. Darauf reagierte sie mit einem wohligen Brummen. Und plötzlich war mir die Robbe sehr sympathisch.

Was denken Sie darüber?

Ihre

Elisabeth Scharfenberg

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