Familie, Beruf, Hobbys, Pflege
Kürzlich war ich einige Tage verreist. Eine Gruppenreise mit mir völlig fremden Menschen. Wenn man einige Tage auf engem Raum miteinander verbringt, lernt man sich kennen, schwatzt ein bisschen. Familie, Beruf, Hobbies – alles ist mal dran. Was mich aber sehr überrascht hat: Das Thema Pflege kam immer wieder zur Sprache. Es tauchte einfach so auf, zwischen anderen Alltagsthemen. Dabei war ich nicht mit alten Menschen unterwegs. Und es waren auch keine Mitreisenden, die in der Familie mit dem Thema Pflege zu tun hatten. Nein – es ging immer um das eigene Altwerden, um die eigene Hilfe- oder Pflegebedürftigkeit.
Ein offener Umgang mit dem Altern
Wie hoch ist das Risiko einer Demenz? Wie werde ich versorgt werden? Wie will ich im Alter leben? Dass diese Fragen immer wieder auftauchten, hat mich überrascht und gefreut. Pflege ist also ein Thema, über das viele nachdenken und sprechen, anstatt es wegzuschieben. Bei dem auch Sorgen und Befürchtungen mal zur Sprache kommen und Sichtweisen ausgetauscht werden. Wer einen offenen Blick auf das eigene Leben wirft, kommt an diesen Fragen nicht vorbei.
Ich habe aber auch festgestellt: wir reden über Pflege, aber wir befassen uns nicht damit. Es fehlt sehr oft der Schritt hin zum Handeln. Dahin, ganz konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um für Notfälle vorzusorgen, um Dinge zu regeln: beispielsweise mit einer Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung. Wie oft höre ich da: „Ja, da muss ich mich endlich mal drum kümmern…“
Hilfreich wäre es schon, das Thema einfach mal in der Familie anzusprechen und darüber zu reden, welche Ängste wir haben. Hier liegt ganz oft der Hase im Pfeffer. Etwas hält uns davon ab, mit der Familie darüber zu sprechen, wie man sich die eigene Versorgung im Alter vorstellt. Bis hin zum eigenen Sterben. Manchmal denke ich, dass wir glauben, wenn wir uns mit bestimmten Dingen nicht befassen, werden sie nicht geschehen. Alter und Pflege ist damit für uns einfach keine Option. Wie ein Kind, das sich die Hände vor die Augen hält und glaubt, damit unsichtbar zu sein. Dem ist leider nicht so. Alter und Pflege spielt für jeden von uns eine Rolle – ob wir wollen oder nicht. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir nicht nur über Pflege reden, sondern auch handeln. Und übrigens: Ich werde mich nun wohl auch endlich mit meiner Patientenvollmacht befassen. Die liegt nämlich schon viel zu lange unbearbeitet auf meinem Schreibtisch.
Und Sie, wann befassen Sie sich mit diesem Thema?
Ihre
Birgit Meinhard-Schiebel
5. August 2016 at 9:16Ich staune immer wieder, mit welchen Ängsten ich konfrontiert bin, wenn es um Alter oder Pflege geht, Das Zusammenzucken beim Wort Alter amüsiert mich einerseits, aber es erschreckt mich auch. Das ist der Grund, weshalb ich klar und deutlich auch sage „ich bin eine alte Frau“. Und wenn dann wie aus der berühmten Pistole geschossen kommt „aber Du schaust doch ganz anders aus“, weiß ich, dass ÄLTERE ganz offensichtlich ein Klischee hat, das tief verankert ist. Aber das Bohren dicker Bretter gehört zu Elisabeths und meiner Lebenseinstellung. WIR alle werden alt. Wir alle können lernen, wie man damit gut leben kann. Wer mir erzählt, dass es halt ein Kreuz mit dem Kreuzweh ist oder dem Knieschmerz, dem sage ich, dass der tiefe Liebeskummer meiner Jugendtage mir viel mehr zugesetzt hat. Zumindest ein Lächeln bekomme ich dann oft zurück. Nein es geht nicht darum, zu negieren, dass jedes Lebensalter seine speziellen Auswirkungen hat. Es geht darum, sich damit zu beschäftigen, auch die Ängste zuzulassen aber auch das Gute und Spannende.
Übrigens, PatientInnenverfügungen, Vorsorgevollmachten sind kein Vorzeichen der Angst vor dem Tod. Sie sind Möglichkeiten, in jeder Situation des Lebens selbstbestimmt zu bleiben. Ja, ich bin alt. Ja, ich bin es gern. Ja, ich weiß, was es bedeutet, Pflege zu brauchen. Ja, Elisabeth und ich kämpfen dafür, dass Menschen auch im Alter ihr Leben als sinnvoll erleben.