Gute Pflege in der Familie und Nachbarschaft – Gastbeitrag von Kordula Schulz-Asche

Gute Pflege in der Familie und Nachbarschaft – Gastbeitrag von Kordula Schulz-Asche

Kordula Schulz-Asche ist die pflege- und altenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie ist gelernte Krankenschwester und seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestags. Für meinen Blog schreibt sie darüber, welche gesellschaftlichen Veränderungen notwendig sind, um pflegende Angehörige und professionell Pflegende zu entlasten.

Die pflegenden Angehörigen werden oft – zu oft! – als „größter Pflegedienst“ bezeichnet. Ich finde das ein falsches Signal. In Pflegediensten gehen qualifizierte Fachkräfte einer Erwerbsarbeit nach, zu der sie sich frei entschlossen haben. Pflegende Angehörige hingegen finden sich in einer belastenden Situation wieder, die sie oft schicksalhaft, oft auch plötzlich ereilt hat. Deshalb brauchen pflegende Angehörige oder pflegende Freunde unsere gesellschaftliche Solidarität.

Zu dieser Solidarität gehört vor allem die professionelle Unterstützung. Bereits heute sind in der Langzeitpflege über 23.000 Pflegestellen unbesetzt. Die sogenannte „Konzertierte Aktion Pflege“ der Bundesregierung wird daran so schnell nichts ändern. Wir müssen mehr Menschen neu oder wieder für die Arbeit in der professionellen Pflege gewinnen. Dazu gehören neben einer attraktiven und umfassenden Ausbildung auch deutlich verbesserte Arbeitsbedingungen – vor allem in der ambulanten Alten- und Langzeitpflege. Gerade diese Fachkräfte sind von besonderer Bedeutung, um die Angehörigen tatsächlich in medizinischer, pflegerischer, psychosozialer Hinsicht beraten, schulen und begleiten zu können. Eigenverantwortliche Pflegefachkraft-Teams (wie in den Niederlanden zum Beispiel) sind für die Pflegekräfte selbst, aber auch für die pflegenden Angehörigen und Freunde eine sinnvolle Lösung.

 

Pflege braucht viele Akteure

 

Wir brauchen neben professioneller Pflegeunterstützung aber auch das Engagement vieler, um diese gesamtgesellschaftliche Herausforderung zu meistern: Wir setzen auf ein koordiniertes Miteinander von privater und professioneller Pflege, das die Nachbarschaft einbezieht: Freiwilligenarbeit, Unterstützungsangebote der Wohnungsbaugenossenschaften, Tagespflegeangebote von Wohlfahrtsverbänden, Pflegeeinrichtungen, die ein offener Ort für alle werden. Wir setzen auf ein buntes Potpourri, das ein Leben im Stadtteil, im Kiez oder im Dorf für alle Generationen lebenswert macht. Zusammenarbeit heißt das Zauberwort! Damit wir als Gesellschaft Erfolg haben, braucht es viele Aktive: Bürgerinnen und Bürger, Kommunen, Pflegedienste und andere Akteure des Gesundheitswesens, Sozialraumplaner, Wohnungsbaugenossenschaften, Vereine, Unternehmen, Sozialversicherungen.

Der Leitsatz „ambulant vor stationär“ bedeutet heute: Damit Menschen länger zuhause bleiben können, wenn sie es wünschen, braucht es Investitionen in ein Quartiersmanagement und soziale Teilhabe. Deshalb wollen wir Unterstützungsstrukturen in Stadt und Land ausbauen, die sich mehr als bisher an den konkreten Bedürfnissen der Menschen – der Pflegebedürftigen, ihrer Familien und der Fachkräfte – orientieren. Gute, vernetzte Unterstützung und ergänzende Angebote der Tages-, Nacht- und Kurzeitpflege gehören dazu. Wir wollen die Kommunen in ihrer Rolle der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger stärken.

 

Zusammenleben zukunftsorientiert gestalten

 

Ein selbstbestimmtes Leben in den heimischen vier Wänden oder im vertrauten Quartier soll für Menschen jeden Alters, auch mit Behinderungen oder Einschränkungen möglich sein. Daher sollten Kommunen künftig eine stärkere Rolle auch in der Pflege spielen: bei der Prävention von Pflegebedürftigkeit, bei der Pflegeplanung und -gestaltung. Eine solche Struktur ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege auch für die pflegenden Angehörigen. Um in der Familie Zeit für die Gestaltung des individuellen Pflegebedarfs zu gewinnen, hilft die grüne Pflegezeit Plus durch finanzielle Entlastung – vor allem, aber nicht nur zu Beginn der Pflegezeit.

Die Pflegeversicherung und die Finanzierung der Daseinsvorsorge müssen besser aufeinander abgestimmt sein. Pflegebedürftigkeit ist ein Risiko, das mit einer Versicherung abgedeckt wird, aber gutes Leben im Alter ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir sollten daher auch die Kosten für gute Pflege mit einer Bürgerversicherung auf alle Schultern gerecht verteilen – nicht nur wegen derjenigen, die heute auf die Leistungen angewiesen sind, sondern auch, um die jüngeren Generationen vor ständig steigenden finanziellen Belastungen zu schützen.

 

Mehr über Kordula Schulz-Asche:

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