Hund oder Huhn
Vor kurzem habe ich an einem Arbeitstreffen zum Thema „Therapeutischer Einsatz von Tieren bei älteren Menschen“ teilgenommen. Therapeutischer Einsatz heißt hier: Zusammentreffen von Tier und altem Menschen. Und das nicht zuhause, sondern im Pflegeheim. Ich habe dabei natürlich auch als erstes an Hunde gedacht. Aber weit gefehlt. Es geht hier auch um Meerschweinchen und Hühner.
Ja – da steht Hühner.
Hühner im Pflegeheim. Beim Gedanken an die hygienischen Vorschriften fällt hier so mancher von einer in die nächste Ohnmacht. Ich habe noch sehr lange darüber nachgedacht. Und mir ist eingefallen, dass meine Großmutter mir auch vor vielen, vielen Jahren so einen „therapeutischen Einsatz“ beschert hat. Ich war krank und lag im Bett. Und sie, die bodenständige Bäuerin, besuchte mich und brachte mir einen ganzen Korb voller lebendiger Küken mit. Die liefen auf meinem Bett herum – und ich war glücklich…
Genauso ging es den alten und dementen Menschen, als sie plötzlich Meerschweinchen auf dem Schoß hatten, als Hühner auf ihrer Stuhllehne gackerten und Hunde um sie herumliefen. Sie lächelten, streichelten die Tiere. Auch die Hühner… Tier und Mensch – beide genossen einfach die Berührung. Vielleicht kamen aber auch verschüttete Erinnerungen an frühere Erlebnisse zurück. Genau wie bei mir.
Tiere sind unmittelbar, sie sind spontan, sie fordern Aufmerksamkeit. Tiere lenken uns ab von Schmerzen, von Langeweile oder Einsamkeit. Sie nehmen uns an, wie wir sind. Sie lassen nicht zu, dass man sich vom Leben entfernt.
So habe ich es als Kind erlebt. Und ich denke, ich erlebe es auch so, wenn ich alt bin. Und ich bin sicher, dass es mich auch als demente, alte Frau glücklich machen würde. Also was für mich heute gilt, das will ich später auch so leben: Nicht ohne meinen Hund. Der nimmt mich genau so an, wie ich eben bin. Ohne Vorbehalte. Und irgendwie ist der heute schon jeden Tag mein Therapeut :)))
Hatten Sie schon einmal ähnliche Erlebnisse?
Ihre
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Jürgen Gerbig
4. April 2016 at 18:18hallo Frau Scharfenberg!
Schön dass wir jetzt auf diesem Weg kommunizieren können.
Zu Ihrem Beitrag:
Ich habe in einem Altenheim auch schon Ziegen und Hasen erlebt. Fast jeder Bewohner, vor allem demente, blühen wahrlich auf, wenn sie Kontakt zu den Tieren haben.
In unserem Heim hatten wir vor zwei Jahren einen Kater, der „Freigänger“ war. Er suchte sich Bewohner mit Rollatoren aus, sprang auf die Sitzfläche und ließ sich durch den Garten fahren, ein anderes mal legte er sich neben Bewohnern auf eine Bank und ließ sich streicheln – aber nur von Bewohnern, sobald ein Mitarbeiter der Einrichtung kam verschwand er. Allerdings führte das auch zu Neidreaktionen bei anderen Bewohnern, jeder wollte Kontakt zu dem Tier.
Eine erfahrung wie Tiere auf Menschen reagieren machte ich letzte Woche. Beim Spaziergang mit Enkel und Hund schnupperte der Hund immer mal wieder in den Kinderwagen, um zu riechen ob alles in Ordnung ist. Wenn der Kleine die Windel voll hat, geht der Hund zu Herrchen oder Frauchen und winselt, weißt damit darauf hin, dass das Kind Aufmerksamkeit braucht.
Die Beziehung zwischen Mensch und Tier ist sehr tief, und gerade bei kranken Menschen kann dies ein Segen sein!
Elisabeth Scharfenberg
5. April 2016 at 13:51Hallo Herr Gerbig,
vielen Dank für den schönen Beitrag. Ziegen und Hasen – wie spannend. Genauso die Katze… Alles 3 Tiere, die nach ihrem eigenen Willen Kontakt suchen, zulassen – oder eben nicht. So ist der Kontakt nochmals schöner :)))