Wie geht das denn – „demenzfreundlich“ werden? Gastbeitrag von Birgit Meinhard-Schiebel

Wie geht das denn – „demenzfreundlich“ werden? Gastbeitrag von Birgit Meinhard-Schiebel

Beim Aktivcamp Pflege am 27. Oktober 2017 treffen sich im betahaus in Berlin engagierte Menschen, die etwas in der Pflege verändern wollen. Viele von ihnen haben ein Thema, das ihnen in der Pflege besonders am Herzen liegt und das sie beim Aktivcamp diskutieren und voranbringen werden. Ich freue mich sehr, dass einige von ihnen auf meinem Blog ihr Thema und ihren Grund vorstellen, am Aktivcamp teilzunehmen. Der heutige Gastbeitrag kommt von der Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger in Österreich: Birgit Meinhard-Schiebel. Ihr liegt das Thema „Gut leben mit Demenz“ sehr am Herzen. 

„Mein Vater ist wieder einmal davongelaufen. Wir waren in heller Aufregung. Was, wenn er nicht nach Hause findet? Wenn er irgendwo auf einer Bank sitzt und nicht mehr weiß, wo er ist?“ sagt Frau M. besorgt.

Angehörige sind immer wieder in einer extrem schwierigen Situation, wenn jemand, für den sie sorgen, verschwindet. Gerade diese Belastungen sind es, die ein demenzfreundlicher Bezirk, ein Grätzel, eine Stadt, eine demenzfreundliche Nachbarschaft, verändern kann.

Um eine Umgebung und ihre Menschen für das Thema Demenz zu sensibilisieren, haben sich verschiedene Einrichtungen auf den Weg gemacht. In den sogenannten Vernetzungstreffen kommen Menschen aus den Bezirken, Gemeinden, sozialen Einrichtungen, Betrieben und pflegende Angehörige  zusammen, die sich darüber austauschen, welche Hilfs- und Unterstützungsangebote es bereits gibt, welche entwickelt werden können. Aber auch, welchen persönlichen Beitrag sie dazu leisten können.

Das Modell der demenzfreundlichen Gottesdienste der unterschiedlichsten Konfessionen ist bereits bekannt geworden. Es gibt den an Demenz leidenden Menschen eine Möglichkeit, mitten in der Gemeinde der Gläubigen, eine auf ihre Möglichkeiten angestimmte Feier zu erleben. Diese besondere Form von Gottesdiensten haben in Berlin bereits 2010 begonnen und ihr Beispiel wurde nun auch auf Wien übertragen.

Zur demenzfreundlichen Stadt und ihren demenzfreundlichen Bezirken und Nachbarschaften gehört aber auch die Sensibilisierung der Menschen, die vor allem im öffentlichen Dienst tätig sind, allen voran die SicherheitsbeamtInnen. Die modular aufgebaute Schulung schafft Sicherheit, wenn Menschen mit dementer Erkrankung „aufgefunden“ werden. Wie man mit ihnen begleitend umgeht, ihnen hilft, sich wieder zurechtzufinden, falls die Orientierung zum Problem wird, ist eine der Kernaufgaben. Auch Verkehrsbetriebe, Banken, Wirtschaftsbetriebe und viele andere sind dazu aufgerufen, sich mit dem Thema „Umgang mit von Demenz betroffenen Menschen“ auseinanderzusetzen. Ein weiteres großes Projekt wird es sein, vor allem auch das Personal in Krankenhäusern zu schulen. Gerade Krankenhausaufenthalte sind sehr oft Streßauslöser und bringen Menschen, die an Demenz leiden, rasch in eine krisenanfällige Situation. Schritt für Schritt kann es so gelingen, betroffene Menschen und ihre Angehörigen nicht aus dem öffentlichen Leben und der sozialen Gemeinschaft zu verdrängen.

Wenn der Vater von Frau M. wieder einmal abgängig sein sollte, kann eine demenzfreundliche Umgebung eine wichtige Hilfe sein, um den Betroffenen, aber auch den Angehörigen und Zugehörigen, zur Seite zu stehen und ihnen allen Sicherheit zu geben.

 

Birgit Meinhard-Schiebel setzt sich seit vielen Jahren für die Belange älterer Menschen ein. Was sie motiviert und warum es für jeden so wichtig ist, sich mit Pflegebedürftigkeit und Alter auseinanderzusetzen, hat sie mir im Podcast-Interview erzählt. Ich freue mich sehr, dass sie beim Aktivcamp einen Einblick geben kann in die für Österreich entwickelte Demenzstrategie „Gut leben mit Demenz“.

Dieser Artikel erscheint im September 2017 in www.pflege-professionell.at

Sie sind interessiert an diesem Thema und möchten mitdiskutieren? Oder Sie haben ein anderes Thema, das Sie voranbringen wollen? Dann melden Sie sich an für das Aktivcamp Pflege am 27. Oktober 2017 in Berlin. Es sind noch Plätze frei!

 

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