Lücken in Frauenbiographien: Gender Care Gap

Lücken in Frauenbiographien: Gender Care Gap

Mit der Geburt des ersten Kindes wird alles anders. Bis dahin wurde gemeinsam gekocht und abwechselnd geputzt, plötzlich stecken die Frauen wieder in alten Rollenbildern fest. Sie übernehmen die Kindererziehung und „das bisschen Haushalt“ gleich mit. Wird die Schwiegermutter pflegebedürftig fühlen sie sich auch dafür zuständig. Unbezahlte Sorgearbeit ist Frauensache – immer noch – das zeigt der gerade vorgestellte Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Beispiel Erwerbstätigenquote: Bei Vätern mit Kindern unter drei liegt sie bei 82 %, bei Müttern mit Kindern im gleichen Alter nur bei 32 %.

Darum mag ich den Begriff Sorge- oder Care-Arbeit. Gemeint ist die Sorge um Kinder, für Pflegebedürftige und für haushaltsnahe Dienstleistungen. Der Begriff klingt nach Pflicht, Verantwortung und schweren Gedanken. Er macht klar – hier geht es um nicht gerade wenig Arbeit. Und es geht um Arbeit, die gesellschaftlich wertvoll ist und von der viele profitieren. Sicherlich, Kindererziehung ist nicht nur Pflicht. Für mich war das Heranwachsen meiner vier Töchter zu begleiten auch einfach ein großes Glück. Das war schön, spannend und täglich voller Überraschungen. Es kann auch sehr erfüllend sein, einen pflegebedürftigen Angehörigen zu betreuen, ihm eine Atmosphäre von Würde und Geborgenheit zu schaffen. Aber es ist ja wohl auch klar, dass niemand durch sein Geschlecht dazu bestimmt ist, Wäsche zu waschen und den Müll raus zu bringen.

Während Männer Bausteine für ihre Karriere sammeln, sammeln Frauen Lücken.

 

Ich sehe nicht ein, dass Frauen diese Arbeit fast alleine machen, mit allen negativen Folgen. Schon die zeitliche Aufteilung der täglichen Care-Arbeit, zeigt: Im Durchschnitt verrichten Frauen täglich 87 Minuten mehr Care-Arbeit und investieren gut anderthalbmal so viel Zeit wie Männer. Besonders deutlich ist der Unterschied in der „Rush Hour des Lebens“. Dann, wenn alle entscheidenden Lebensereignisse zusammenkommen: Berufswahl und Karrierestart, Partnerwahl und die Geburt von Kindern.

In dieser Zeit ist der Unterschied, der Gender Care Gap, am größten. Frauen investieren dann täglich durchschnittlich 5 Stunden und 18 Minuten in Care Arbeit, Männer dagegen 2 Stunden und 31 Minuten. Um da zu sein für Kinder oder pflegebedürftigen Angehörige, reduzieren viele Frauen Arbeitszeit, denn es fehlen oft flächendeckende verlässliche und flexible Betreuungs- und Pflegeangebote. Aus der Teilzeitarbeit kommen dann viele Frauen nicht wieder raus. Es entsteht der Gender Time Gap.

Während Männer Bausteine für ihre Karriere sammeln, sammeln Frauen Lücken: Der Gender Care Gap führt zum Gender Pay Gap und letztlich zum Gender Pension Gap. Lauter Lücken mit Folgen. Familienbedingte Berufsunterbrechungen und Teilzeitarbeit führen zu schlechteren Aufstiegschancen, geringerem Einkommen, niedrigeren Renten und einem höheren Risiko für Frauen in Altersarmut zu fallen. Und am Ende des Tages stehen sie auch damit wieder alleine da.

Sollten Frauen egoistischer werden? Sollten sie einfach öfter sagen: Warum ich? Schließlich sind Chancen und Risiken denkbar ungerecht verteilt. Ich glaube Frauen sollten aufhören zu sagen: „Ich mach das schon“. Sie sollten einfach klarmachen, dass es um gemeinsame Aufgaben geht und eher sagen: “Wie machen wir das?“ oder „Wie können wir uns gegenseitig unterstützen?“ Dazu gehört, dass wir stereotype Rollenbilder abschütteln, dass wir die Männer einbeziehen. Und wir müssen für das streiten, was wir wollen: Es müssen gute Rahmenbedingungen her, um Familie, Pflege und Beruf unter einen Hut zu bringen, und zwar mit geteilten Chancen und Risiken. Wir fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Weil Frauen es verdienen. Es muss Schluss sein den Lücken in Frauenbiographien. Das heißt nicht nur die Hälfte der Macht den Frauen, die Hälfte des Einkommens für Frauen, sondern auch auch die Hälfte der Sorgearbeit für die Männer.

Wer Lust hat, über diese Themen zu diskutieren und sich gegenseitig zu unterstützen, ist herzlich eingeladen zum

Netzwerkabend für Frauen „Brillant sichtbar werden – Frauen auf Erfolgskurs“ am 12. Mai 2017 in Berlin.

 

Ich freue mich darauf, dort viele spannende Frauen zu treffen.

Eure

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